- Hallo Ralph, ich freue mich, das Du Dir die Zeit für ein Interview mit koku nimmst. Nicht nur die Künstler wollen etwas mehr von Dir wissen, über Deine Arbeit, was Du denkst und fühlst, sondern auch die Kunstinteressierten wollen wissen, wer „hinter den Werken steht“.
Gab es einen Anlass bzw. Anlässe für Deine Geschichten oder woher nimmst Du den Stoff ?
Unser Leben selbst mit all seinen Facetten transportiert den Stoff. Die Schönheit und Einmaligkeit des Augenblickes. Oder die totale Ohnmacht, die sich zum Crescento steigert. Der Maler hält dies in einem Bild fest. Der Autor versucht es in Worte zu fassen. Je nach Genre will er den Leser unterhalten. In den letzten Jahren schrieb ich Im Sektor fantastisches Kinderbuch. Was Kinder gerne lesen, erfahre ich bei meinen Veranstaltungen in Kitas oder Schulen. Seit der Kindheit ist mein Kopf voller Geschichten. Inspiration hole ich mir auch aus der Natur. Bei meinen Wanderungen in den Bergen, nah am Himmel. Es gibt einige „Geschichten-Wege“, die ich im Laufe eines Jahres sinnend gehe und jeden Tag verändert sich so viel auf diesem Weg. Sei es nur ein Regentropfen an einem Blatt, in dem sich die Welt spiegelt. Herrlich! Und dann formen sich Gedanken. Bilder entstehen. Zu einer Geschichte oder nur Gedanken, die mir imponieren. Diese schreibe ich auf oder spreche auf ein Band, denn es fällt einem nie mehr ein. Bei Träumen ist es ähnlich. Neben meinem Bett liegen stets Stift und ein Blatt Papier.
Wie lange schreibst Du an einem Buch?
Das ist recht unterschiedlich und hängt auch von der Quantität des jeweiligen Stoffes ab. Manchmal funkt der Alltag dazwischen und es dauert länger. Selbst wenn man denkt, das Jahr hat 365 Tage. Jeden Tag schaffe ich eine Seite und habe dann einen Roman jedes Jahr fertig. Schafft man aber nicht.
So eine Zeitspanne stellt man sich kaum vor. - Welches Deiner Werke ist Dein Lieblingsbuch ?
Immer das aktuelle Projekt, an dem ich gerade arbeite, gefällt mir am Besten.
ZuleZuletzt warst Du mit "Das Geheimnis der Zaubertreppe"beschäftig Es ist Dein neuestes Kinderbuch.
Wie bist Du überhaupt zur Schriftstellerei gekommen ? Ist es erbliche Veranlagung, war es ein bestimmtes Ereignis ?
Ein Autor entwickelt sich und meiner Meinung nach, ist er nie fertig in seiner Entwicklung. Es gibt immer das Höhere, was man noch nicht erreicht hat. Das zählt auch für die Kunst.Meine Mutti las mir als kleiner Junge immer vor dem Einschlafen Märchen oder selbstausgedachte Geschichten vor. Das beflügelte meine Fantasie. Mit zehn schrieb ich mein erstes Gedicht. Ein Gedicht über den Frieden. Später schrieb ich zu aktuellen Songs andere Texte und Liebesgedichte in freier rhythmischer Form. Die ersten Geschichten entstanden. Ich war Autor im Literaturzentrum „Schreibende Arbeiter“ in der ehemaligen DDR, wo dortige Probleme zum literarischen Thema erhoben wurden. Schreiben ist auch, jemanden etwas mitzuteilen und sei es nur seinem Tagebuch. Man produziert sich, fördert die eigene Sprache und kann seine Gedanken verewigen. Schreiben kommt auch von innen. Es ist der innere Drang, welcher den Autor fesselt. Entweder man hat das Talent oder eben nicht. Mir bereitet es Freude, acht bis zehn Stunden in eine andere Welt einzutauchen, mit Charakteren, Konflikten und Schauplätzen, die unverwechselbar sind.
Kunst ist zwar nicht koku, aber koku steht auch für Kunst. Wie bist Du zu koku gekommen ?
Eine liebe Kollegin, Karin Jäckel, inspirierte mich.
Hast Du bestimmte Vorbilder in der älteren oder neueren Literatur ?
Mich inspirierten seit der Kindheit die Klassiker, nach denen ich mich richte, natürlich den eigenen Schreibstil findend. Ich darf Goethe, Schiller, Heine, Zola, Verne, Hölderlin nennen und aus der nahen Geschichte Erwin Strittmatter, Hesse, Bonsels, Kyper oder Jürgen Ritschel.
Fließt davon etwas bei Dir in Schreibstil oder auch in den Inhalt Deiner Werke ein und kannst Du dies eventuell an einem Beispiel verdeutlichen ?
Bei Zola z.B. gefiel mir der geschraubte Sprachstil und wie er das harte Leben seiner Zeit beschreibt. Sein Roman „Die Erde“, die Tragödie einer Landfamilie, widerspiegelt das ganz deutlich. Ein großer Roman! Bei Erwin Strittmatter ist es die Komplexität seiner Gedanken und Wortschöpfungen. Sein Humor, einfach sein ganzer Stil.
Beschreibe doch Deinen Schreibstil etwas genauer.
Das können Kritiker oder Leser besser.
Wo entstehen Deine Werke ?
In der Schreibkammer unter dem Dach. In heißen Sommern stehen zwei Wassereimer unter dem Schreibtisch, wo meine Füße drinnen hängen.
Gibt es bestimmte Themenbereiche, zu denen Du Dich besonders hingezogen fühlst ?
Fantasy, Dark Fantasy, Horror, mystisches Mittelalter, Hexe, Vampir, Magier, aber auch sehr anspruchsvolle, philosophische Literatur und Problemliteratur und natürlich der Sektor Kinderbuch. Unsere Welt ist so fantastisch und immer noch unerklärbar, weil sich die Schöpfung nicht erklären lässt. Der Mensch maßt sich an, es zu wissen. Aber alles geht viel tiefer. Mir erscheint die objektive Realität manchmal wie die perfekte Illusion. Ich sehe mich als Vertreter des fantastischen Realismus.
- B Beeinflusst Dich die Umwelt, politische oder soziale Themen bei der Schriftstellerei, oder versuchst Du mit der Schriftstellerei einen Freiraum der Entspannung , des Abschaltens zu schaffen ?
Darin beziehe ich mich auf die Gedanken der vorigen Frage. Man könnte über so vieles schreiben. Unsere Welt steckt voller Inhalte. Manchmal ist es nur eine Zeitungsnotiz, die mich berührt. Oder ein Grabstein auf dem Friedhof. Mich interessieren die Zahlen darauf, der Name. Was ist während der Lebensspanne des Dahingehenden passiert. Es entstehen Gesichter, Konflikte, eine Geschichte wird geboren. Ich möchte als Autor die Schönheit des Augenblickes festhalten, wie der Maler in seinem Bild. Ich möchte provozieren, denn ich habe Demut vor der Größe des Menschen und gleichzeitig eine Ohnmacht vor ihm. Wir erfahren es fast jeden Tag.
Es heißt immer wieder, Künstler wären Chaoten. Gerne wird dabei auf die Bilder aus Ateliers verwiesen, wo scheinbar niemand mehr etwas finden kann. Nun gilt dies wohl vornehmlich für die malende Zunft; gleichwohl die Frage an Dich: Wie steht es bei Dir damit ? Liegt Konzeptpapier zerstreut herum usw.?
Das trifft auch bei Ralph Müller-Wagner zu. Aber eher eine oberflächliche Ordnung, kein Chaos.
Schreibst Du Deine Werke direkt am Computer, noch auf der guten alten Schreibmaschine oder - jedenfalls im Manuskript - auf Papier ?
Die letzten Jahre ausschließlich am PC. Man ist flexibler, kann schnell mal ins Netz und recherchieren. Die Technik ist heute schon wirklich gut und es geht schneller, als Enzyklopädien zu wälzen.
Entwickeln sich Deine Geschichten während Du schreibst oder hast Du von Anbeginn an ein klares Konzept (gar eventuell eine Gliederung) ?
Am Anfang steht das Expose, die Fabel, der Plan der Geschichte. Figuren, Schauplätze, Konflikte. Dann kann ich mich zwischen den Kapiteln austoben. Erst wird durch geschrieben, dann beginnt die Arbeit am Wort. Zu den Hauptfiguren schreibe ich wie bei einem Drehbuch die Lebensläufe.
Notierst Du Dir Gedanken zur Geschichte, die Dir eventuell beim Schreiben einfallen aber thematisch noch nicht passend sind, auf einem Papier um sie später zu erinnern ?
Obwohl der Plan steht, schreibe ich auf der aktuellen Seite das Datum, den Tag oder das Jahr der Geschichte. Dazu Notizen, die einem erst während des Schreibens einfallen.
Was machst Du beruflich ?
Von der Schreibe kann ich nicht und von der Künstlersozialkasse will ich nicht leben. Ich arbeite 30 Stunden die Woche, es macht mir echt Spaß. Ich bin unter netten Kollegen, treffe viele Menschen an einem Arbeitstag und meine Firma ist sozial und klasse. Schreiben ist eine nebenberufliche Tätigkeit, also auch schon lange kein Hobby mehr. Für mich die Sahne auf der Erdbeertorte. Besonders freue ich mich, wenn ich auf Lesereise an Schulen oder Kitas bin. Dort erreiche ich so viele Kinder. Das Herz wird mir warm, wenn ich in ihre neugierigen Augen schaue. Und ich weiß: Um unsere Kinder brauchen wir uns nicht sorgen. Die wissen, was sie wollen!
Hast Du noch Zeit zu lesen (oder auch Lust Literatur Dritter zu lesen) oder Musik zu hören ?
Ich lese ganz selten, und dann immer wieder die gleichen Bücher, die mich seit jeher fesselten. Keine Belletristik, eher Sachbücher, Grenzwissenschaften. Ich habe einfach keine Zeit zum Lesen, weil mein Tag ausgefüllt ist. Mit Belletristik habe ich mein Hirn in der Kindheit und Jugendzeit voll gepumpt. Ach ja, Karin Jäckel lese ich als aktuelle Belletristik. Diese Autorin erreicht so eine Tiefe. Musik höre ich sehr gern. Hardrock, Progressiv-Metal, Classic-Metal, aber auch Klassik, vor allem Barock.
Was sind Deine Lieblingsautoren ?
Goethe, Schiller, Hölderlin, Heine, Hemingway, Wassili Schukschin, Sienkiewicz, Zola, Fallada, Hesse, Rilke, H.C. Anderson, Waldemar Bonsels, Manfred Kyper und besonders Erwin Strittmatter und Karin Jäckel, die schon ein Klassiker in meinen Augen ist.
Louis Pauwels, Jacques Bergier, Victor Farkas, Erich von Däniken, Johannes von Buttlar, Ernst Meckelburg
Und wessen oder welche Musik hörst Du am liebsten ?
Klassik, vor allem Barock, Johann Sebastian Bach und diese Leute. Hardrock, Progressiv-Metal, Klassik-Metal. Symphonic-Gothik-Metal, Renaissance-Music, DEEP PURPLE, Blackmore, Led Zeppelin, Black Sabbath, Pagan's Mind, Malmsteen, Satriani, Steve Vai, Dream Theater, Within Temptation, Blackmore's Night
Hast Du einen Liebingsmaler, gegebenenfalls wen.
Monet, Renoir, Leonardo da Vinci, Michelangelo.
Bei koku2012 wird es auch Musik und Lesungen geben. Wirst Du selbst anwesend sein und ausstellen bzw. „lesen“ ?
Es wäre eine Ehre für mich, wenn ich einen kleinen literarischen Beitrag leisten dürfte, bei diesem tollen Event.
Das freut uns sehr. - Was hältst Du von der Idee, ein Künstlerfestival über eine ganze Region zu veranstalten und was erwartest Du davon und dort ?
Die Idee ist genial. Kunst und Kultur prägen eine Gesellschaft. Sie sagen in der Zukunft etwas über die Zeit aus, in der jene Menschen lebten. Was sie für Ideen oder Träume hatten. Kulturgut müssen wir bewahren! Leider ist es schon häufig so, dass in einigen Ländern Fördergelder gestrichen werden, Bibliotheken und andere Kulturhäuser schließen müssen. Politiker, die das ausloben, werden dafür in der Geschichte zur Verantwortung gezogen. Man wird es einst über sie lesen, so wie wir heute lesen, dieser oder jener Landesherr förderte damals die Kunst. Die Menschen werden das niemals vergessen! Ich persönlich freue mich einfach, dass ich dabei sein darf, andere Künstler und Kunstinteressierte verschiedener Strömungen treffe. Und die emsigen Macher, die eher im Hintergrund stehen und das Festival organisieren. Gerade in dieser bewegenden Zeit ist ein Dialog zwischen allen Menschen äußerst wichtig. Kunst verbindet, über Grenzen hinweg. So war es immer!
Nun haben wir schon vieles von Dir gehört. Aber vielleicht kannst Du noch etwas persönliches von Dir berichten.
Ich bin stolz auf meine Tochter Saskia, ich war ein alleinerziehender Vater. Und ich möchte meinen Eltern danken, die mich Ehrfurcht lehrten und vieles mehr. Auch Elisabeth Wiedemann als gute Freundin zu wissen, ist erwähnenswert. Nicht nur, weil sie ein Film- und Fernsehstar ist. Und dann möchte ich noch mein derzeitiges Projekt erwähnen. Ein historischer Thriller, an welchem ich gerade arbeite. Ein talentierter Maler verliert seinen Glauben und dann geschehen mysteriöse Dinge, rund um seine Malerei. Es ist eine innere Freude für mich, diesen Stoff zu entwickeln. Es ist nicht bewiesen, ob es diesen Künstler wirklich gab. Aber mich hat sein Schicksal berührt und so habe ich diesem Leben eingehaucht, eine spannende Geschichte entwickelt. Schade, dass ich es nicht mehr bis April nächsten Jahres schaffe. Es wäre so toll gewesen, den Stoff beim koku 2012 vorzustellen. Ich bin gerade auf Seite 311, ungefähr die Hälfte.
Vielleicht kannst Du aber gleichwohl schon etwas von dem Geheimnis des Buches lüften, wenn Du auf dem Event bist. Hört sich so an, dass ich mir am liebsten das Buch gleich holen würde. - Was erhoffst Du Dir von der Zukunft und welche Pläne hast Du selbst geschmiedet ?
Ich hoffe zuerst, dass alle Menschen zum Dialog finden. Der Frieden ist das Wichtigste auf unserem Planeten. Und das alle Menschen zumindest in Würde leben können und satt werden! Persönlich will ich natürlich meinen historischen Thriller beenden und publizieren. Es gibt Interessenten, aber einen Vertrag habe ich noch nicht.
Gibt es ein Motto oder eine Lebensweisheit bei Dir ?
Wir dürfen das Weltall nicht einengen, um es den Grenzen unseres Vorstellungsvermögens anzupassen, wie der Mensch es bisher zu tun pflegte. Wir müssen vielmehr unser Wissen ausdehnen, so dass es das Bild des Weltalls zu fassen vermag. Francis Bacon
Worauf kommt es Dir im Leben an ?
Ich bin ein genügsamer, verträglicher Zeitgenosse. Wandere oft hier in den Alpen, meiner zweiten Heimat. Da bin ich den Wolken, der Schöpfung ein Stück näher und vergesse so manchen Schmerz oder die Ohnmacht eines Alltages. Ich liebe die Schönheit des Augenblickes, in dem ich ewig verweilen könnte. Innere Werte sind mir wichtig. Vertrauen. Ich glaube an das Gute im Menschen.
Kann sich ein Leser oder auch potentieller Leser an Dich wenden ?
Aber natürlich. Ich glaube, der potentielle Leser beurteilt das Buch eines Autors ganz anders, wenn er diesen persönlich kennt.
Signierst Du auf Wunsch auch Deine Bücher ?
Selbstverständlich, jeder Leser hat doch Anspruch darauf, wenn diesem daran gelegen ist.
Ich denke, der Leser hat nun einen Eindruck von Dir gewonnen und kann Deine Werke auch besser verstehen und hat insbesondere Gefallen an ihnen gefunden. Vielleicht hast Du aber noch etwas für den Leser mitzuteilen ?
Kritik oder Anmerkungen sind stets willkommen. Ich freue mich auch über jeden neuen Leser.
Ich darf mich bei Dir für das Interview bedanken und wünsche Dir weiter viel Freude und Erfolg bei der Schriftstellerei.
Herzlichen Dank. Ich wünsche koku2012 großen Nachhalt und Erfolg, dir persönlich, samt allen fleißigen Mitarbeitern persönlich alles Gute.
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