KÜNSTLER-INTERVIEW mit Danka Todorova vom 26. Juli 2011


Danka Todorova
Danka Todorova

Hallo Danka, ich freue mich, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit koku nimmst. Nicht nur die Künstler wollen etwas mehr von Dir wissen, über Deine Arbeit, was Du denkst und fühlst, sondern auch die Kunstinteressierten wollen wissen, wer „hinter den Werken steht“.

 

 

Beginnen wir zunächst mit dem von Dir ausgewählten Eingangsbild.

 

 

Meine erste Frage: Wie ist dieses Bild entstanden ? Stammt es von Dir oder hast Du Vorgaben dafür gemacht ?

 

Vor zwei Jahren war ich in Portugal und eines Morgens bei einem Spaziergang am Atlantik habe ich den Vogel gesehen. Er stand da, am Tor, wie ein Wächter der Ewigkeit. Das Gespür für den richtigen Moment ist beim Fotografen genauso bedeutend wie beim Schriftsteller. So ist das Bild von meinem Cover „Tor zur Liebe“ entstanden.

  

Gab es einen Anlass bzw. Anlässe für Deine Geschichten oder woher nimmst Du den Stoff ?

 

Das Leben ist der echte Erzähler. Es erzählt uns allen Geschichten, manche hören es, manche nicht. Es kann sein, dass Jahre vergehen und die Geschichten schlummern vor sich hin; es kann aber auch sehr schnell gehen. Unterwegs oder beim Aufwachen. Ich bin daran gewöhnt, mich selbst zu hören, und bringe alle meine Ideen zu Papier.

  

Wie lange schreibst Du an einem Buch?

 

An dem Roman „Tor zur Liebe“ habe ich acht Monate geschrieben. Ich war wie besessen, überall lagen Blätter mit dem Konzept und jeden Morgen saß ich und schrieb. Ich bin in dieser Zeit so diszipliniert geworden. Kaum zu glauben. Ich erinnere mich immer noch, wie eine Kollegin von mir gesagt hat: „Ich bin Autorin. Ich habe einen Roman geschrieben.“ Im Gespräch erfuhr ich die Einzelheiten. Gleich am nächsten Tagen sammelte ich alle meine Notizen und schon war ich meinem Traum ein Stück näher gekommen – einen Roman zu schreiben.

 

Welches Deiner Werke ist Dein Lieblingsbuch ?

 

Alles, was ich schreibe, ist eine Frucht meiner persönlichen Entwicklung, ein Ergebnis von harter Arbeit an sich selbst. Die erweiterte Wahrnehmung, die Fähigkeit sich zu konzentrieren, Ausdauer und Disziplin sind die Voraussetzungen für das Entstehen der Werke.

 

Wie bist Du überhaupt zur Schriftstellerei gekommen ? Ist es erbliche Veranlagung, war es ein bestimmtes Ereignis ?

 

Ja, vor Jahren in Bulgarien war ich in einen meiner Mitschüler verliebt. Es war eine schöne Zeit. Ich habe angefangen Gedichte zu schreiben. Mein Gedichtband „Die Welt steht auf dem Kopf“ kam heraus. 1996 habe ich mit dem Gedicht „Herbst“ einen Literaturwettbewerb in Varna, Bulgarien, gewonnen. Acht Jahre vorher war ich bei einer Zeitung und bei einem Privatsender tätig. Die Geschichten flossen wie ein Wasserfall. Nach einer schwierigen Zeit in Deutschland habe ich wieder angefangen Tagebuch und Geschichten zu schreiben. Bei einem Kontakt mit Kindern kam auch mein Bilderbuch „Der kleine Dino Doni und seine Freunde“ zur Welt.

 

 

Kunst ist zwar nicht koku, aber koku steht auch für Kunst. Wie bist Du zu koku gekommen ?

 

Heidi Dahlsen, meine Lieblingsautorin, hat mir ihr Interview in Facebook geschickt und hat mir erzählt, was das ist. Ich war sehr glücklich, weil dieses Event für mich die erste große Veranstaltung als Hobby-Autorin wäre. Ich freue mich schon darauf.

 

Und wir freuen uns über Deine Beteiligung. - Hast Du bestimmte Vorbilder in der älteren oder neueren Literatur ?

 

Ich kenne die alte und neue bulgarische Literatur, russische klassische Literatur, lateinamerikanische Literatur, deutsche Literatur. Mein Lieblingsautor ist ein bulgarischer Schriftsteller, Emilian Stanev. In allen Literaturen habe ich meine Vorbilder wie Dostojewski, Hesse, Thomas Mann, Gabriel García Márquez, Isabel Allende und viele andere.

 

Ein sehr breites Spektrum. Fließt davon etwas bei Dir in Schreibstil oder auch in den Inhalt Deiner Werke ein und kannst Du dies eventuell an einem Beispiel verdeutlichen ?

 

Das ganze Wissen vom Weltkulturerbe fließt natürlich ein; ich kann aber nicht sagen, mein Schreibstil sei wie Emilian Stanev oder Hermann Hesse. Meine Metaphern und Ausdrücke, meine Gedanken kommen spontan und unerwartet. -      

 

Beschreibe doch Deinen Schreibstil etwas genauer.

 

Es ist wie ein Spiel mit dem Zufall. Ich gelange an eine Kiste und finde darin Perlen aus einer Kette, die glänzen und viel Freude machen. Die Sprache ist kurz und prägnant. Kommt eine Figur aus der Kiste, entsteht eine spannende und geheimnisvolle Erzählung.

 

Wo entstehen Deine Werke ?

 

Überall, am meisten schreibe ich zu Hause oder unterwegs. Vor kurzem war ich in der Toskana, mit meinem Laptop vor der Nase, weil man alles in einem Reiseführer nachlesen kann. Aber die Gefühle können die Menschen lesen, wenn sie unterwegs im Geschehen sind.

 

Gibt es bestimmte Themenbereiche, zu denen Du Dich besonders hingezogen fühlst ?

 

Intensiv schreibe ich seit zwei Jahren, nach einer schwierigen Lebenssituation. Mir gefällt es noch auszuprobieren, Mischungen aus verschiedenen Genres und Gattungen. Dieser Übergang, wo ich zwischen den Stilen suche, ist mir noch nicht gelungen. Das beschäftigt mich weiter.

 

Beeinflusst Dich die Umwelt, politische oder soziale Themen bei der Schriftstellerei, oder versuchst Du mit der Schriftstellerei einen Freiraum der Entspannung , des Abschaltens zu schaffen ?

 

 

Die Aufgabe eines Künstlers ist es, mit seinem Werk eine Veränderung zu bewirken, eine Bewegung im Inneren der Menschen auszulösen, wie viele kleine Steinchen, die auf dem Spiegel einer Wasseroberfläche Wellen verursachen. Es kann nur ein Satz oder eine Figur oder eine Farbe sein. Es kann eine Szene oder Situation sein, die die Leser zu einer Entscheidung bringt, die innere Ruhe oder sich selbst zu finden. Und den Frieden in der Welt.

So habe ich die Geschichte von dem bulgarischen Künstler Aleksei Skaratov geschrieben in „Tor zur Liebe“. Ich bin in Tryavna, Bulgarien, geboren, einem Ort der Künstler, der Tradition und Wiege der Tryavna Kunstschule für Ikonen und Holzschnitzerei im 18. Jahrhundert. Ich wollte immer die Geschichte einer Künstlerfamilie als fiktionale Erzählung vorstellen und damit natürlich eine Veränderung beim Leser bewirken.

 

Es heißt immer wieder, Künstler wären Chaoten. Gerne wird dabei auf die Bilder aus Ateliers verwiesen, wo scheinbar niemand mehr etwas finden kann. Nun gilt dies wohl vornehmlich für die malende Zunft; gleichwohl die Frage an Dich: Wie steht es bei Dir damit ? Liegt Konzeptpapier zerstreut herum usw.?

 

Überall liegt Konzeptpapier zu Hause herum, in der Handtasche, im Bad, sogar auf der Tastatur. Wer schreibt, kennt das.

 

Schreibst Du Deine Werke direkt am Computer, noch auf der guten alten Schreibmaschine oder - jedenfalls im Manuskript - auf Papier?

 

Papier ist immer dabei, in verschiedenen Farben und Formen. Die Notizen übertrage ich später am Computer. Ich erinnere mich, dass ich die Gedichte für meinen ersten Gedichtband auf einer alten Schreibmaschine im Radiosender geschrieben habe. Später habe ich mir meine eigene gekauft. Die Zeiten verändern sich sehr schnell.

 

Entwickeln sich Deine Geschichten während Du schreibst oder hast Du von Anbeginn an ein klares Konzept (gar eventuell eine Gliederung) ?

 

Ich habe vorher ein Konzept, das ich beim Schreiben erweitere. Ich habe auch Geschichten geschrieben, ohne ein Konzept zu haben, später musste ich viel überarbeiten. Deswegen finde ich, das Konzept ist wie ein Leuchtturm im Meer. Es hilft dir, den richtigen Weg zu finden.

  

Notierst Du Dir Gedanken zur Geschichte, die Dir eventuell beim Schreiben einfallen aber thematisch noch nicht passend sind, auf einem Papier um sie später zu erinnern ?

 

 

Die Gedanken sind wie wilde Pferde, wenn du sie nicht fängst und auf die Wiese der Erzählung lässt, sind sie schon weg.

 

Was machst Du beruflich?

 

Ich arbeite im Sozialbereich mit Kindern und Erwachsenen. Coachen ist meine tägliche Aufgabe, die mir Spaß und Freude macht. Dabei sind mir viele Ideen gekommen. So ist die Geschichte von dem kleinen Dino entstanden, innerhalb von zwei Tagen.

  

Ist die Schriftstellerei für Dich neben der beruflichen Tätigkeit Entspannung oder quasi ein zweiter Beruf ?

 

Geschichten zu schreiben, sie weiter zu geben, ist für mich eine meiner Lebensaufgaben. Also quasi ein zweiter Beruf. Es kann sein, dass ich in einigen Jahren meinen Hauptberuf neu erfinde.

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Wo veröffentlichst Du Deine Werke und hast Du bereits Erfahrung mit E-Book gemacht, wenn ja, welche und was hältst Du überhaupt von dieser Möglichkeit der Veröffentlichung und des Vertriebs ?

 

Ein Autor ist für seine Werken selbst verantwortlich, sie sind alle seine Kinder. Sie sind Botschafter auf dem Weg zum Leser. Ich habe Erfahrungen unterschiedlichster Art gemacht. Meine Bücher sind in Bulgarien herausgekommen; ich erzähle hier nicht, wie schwierig es ist, irgendwo zu publizieren und zu vermarkten, wo die Menschen um ihr tägliches Brot kämpfen. Ich habe viele Autoren gesponsert, einen Wettbewerb für Gedichte für Kinder „Eine Reise durch die Welt“. Meine Internetseite ist auch Plattform für alle Künstler aus der ganzen Welt, www.creativnite.com.

Es ist leichter, ein Buch als E-Book zu veröffentlichen. Der Weg zum Leser ist lang, deswegen suchen wir, ein paar Autoren, neue, interessante Wege, z.B. durch Empfehlungen und Rezensionen. Das ist sehr hilfreich. Ich bin auch froh, dass ich unter anderen Autoren gute Freunde gefunden habe. Es lohnt sich, immer weiter zu suchen und am Ball zu bleiben.

 

Hast Du noch Zeit zu lesen (oder auch Lust Literatur Dritter zu lesen) oder Musik zu hören ?

 

Lesen ist wie die Liebe. Und wie Katharina von Siena sagte: „Die Liebe trägt die Seele, wie die Füße den Leib tragen.“

Musik spielt auch eine große Rolle, ich selbst singe und male. Meine Mutter war Volkssängerin, mein Vater ist Akkordeonspieler, meine Oma hat auch gesungen. Mein Onkel war Feinmechaniker und Uhrmacher und hat mir viel über die Schweizerische Feinmechanik-Schule erzählt. Jeder von uns hat ein Talent. Man muss es nur entdecken und eigenen Träumen folgen.

  

Was sind Deine Lieblingsautoren ?

 

Meine Lieblingsautoren sind zahlreich. Momentan sind es Heidi Dahlsen, Elif Shafak, Sabine Asgodom und Danka Todorova.

 

Und wessen oder welche Musik hörst Du am liebsten ?

 

Am liebsten höre ich traditionelle bulgarische Volksmusik. Die Lieder, die das Volk über Jahrtausende gesammelt und gehütet hat, sind so sinnlich, rhythmisch und melancholisch. Als ich meinen Roman „Tor zur Liebe“ geschrieben habe, habe ich stets eine Akkordeonmelodie gehört. Aus der Kraft und Energie, die darin liegen, schöpfte ich immer wieder neue Inspiration.

Ich höre auch gerne klassische Musik und Jazz.

 

Hast Du einen Liebingsmaler, gegebenenfalls wen.

 

Ich bin offen für alte und neue Künstler, alle sind einzigartig und interessant, weil alle einen Moment für die Ewigkeit auf dem Bild festgehalten haben. Ich habe großen Respekt vor allen Künstlern, weil ich weiß, was dahinter steckt.

 

Bei koku2012 wird es auch Musik und Lesungen geben. Wirst Du selbst anwesend sein und ausstellen bzw. „lesen“ ?

 

Ich würde mich freuen, den Lesern meiner Welt eröffnen zu können. Lesungen mache ich immer gerne, weil sie mein Barometer sind. Ich freue mich immer auf eine Möglichkeit, aus meinen Werken zu lesen.

 

Was hältst Du von der Idee, ein Künstlerfestival über eine ganze Region zu veranstalten und - wenn Du teilnimmst - was erwartest Du davon und dort ?

 

Ich weiß, dass ein Event dieser Größenordnung eine Menge Arbeit mit sich bringt und bin den Organisatoren und Sponsoren sehr dankbar, dass sie die Idee hatten, koku zu veranstalten.

Ich freue mich, neue Leser, Fans von meinen Werken zu finden, viele schöne Momente mit der Kunst und den Künstlern zu erleben. Dort treffe ich alle mit mir befreundeten Autoren.

 

Nun haben wir schon vieles von Dir gehört. Aber vielleicht kannst Du noch etwas Persönliches von Dir berichten.

 

Mein persönlicher Antrieb ist die Devise: Gibt niemals auf! Folge deinen Träumen, sie werden wahr.

 

Was erhoffst Du Dir von der Zukunft und welche Pläne hast Du selbst geschmiedet?

 

Mit der Hoffnung ist es so eine Sache. Man muss nur die Dinge anpacken, wenn man vorwärts kommen möchte. Bis Ende des Jahres habe ich Lesungen in Deutschland, Bulgarien und Österreich. Ich habe so viele Träume, dass mir 500 Jahren nicht reichen würden, sie zu verwirklichen. Ich arbeite an den Geschichten, die ich im Laufe der letzten 20 Jahre geschrieben habe. Ich möchte sie auf Deutsch und Bulgarisch herausgeben. Ich wurde schon gefragt, ob es eine Fortsetzung von meinem Roman „Tor zur Liebe“ geben würde oder eine ähnliche Geschichte. Ich bin selbst auch gespannt.

  

Gibt es ein Motto oder eine Lebensweisheit bei Dir?

 

In der Ruhe liegt die Kraft, eine bulgarische: „Ausdauer, Tun und Ordnung bringen uns vorwärts“/Постоянство, труд и ред, да ни водят все напред!”/ und eine russische: „Die Glücklichen schauen nicht auf die Uhr.”/Шчасливие часьи не наблюдают./

 

Worauf kommt es Dir im Leben an ?

 

Auf die Liebe, Mitgefühl, Freundschaft und Freude am Leben.

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Kann sich ein Leser oder auch potentieller Leser an Dich wenden ?

 

Gerne, meine E-Mail Adresse ist: danikoleva@gmx.net, meine Website ist offen für alle Künstler: www.creativnite.com , Facebook Profil, Gruppe „Bücher für Hobby Autoren“ in Facebook, XING. Ich bin auch in vielen bulgarischen Seiten präsent.

 

Signierst Du auf Wunsch auch Deine Bücher ?

 

Gerne, auf Wunsch der Leser signiere ich meine Bücher gerne. Die letzten signierten sind in die Schweiz gegangen. Ein Stück von meiner Welt, ein Stück Glück.

  

Ich denke, der Leser hat nun einen Eindruck von Dir gewonnen und kann Deine Werke auch besser verstehen und hat insbesondere Gefallen an ihnen gefunden. Vielleicht hast Du aber noch etwas für den Leser mitzuteilen?

 

Alles Liebe und ich würde mich freuen, wenn sie meine Bücher lesen.

 

Ich darf mich bei Dir für das Interview bedanken und wünsche Dir weiter viel Freude und Erfolg bei der Schriftstellerei.