KÜNSTLERINTERVIEW mit Holger Weinbach vom 25. Juni 2011


Holger Weinbach
Holger Weinbach

Hallo Holger, ich freue mich, das Du Dir die Zeit für ein Interview mit koku nimmst. Nicht nur die Künstler wollen etwas mehr von Dir wissen, über Deine Arbeit, was Du denkst und fühlst, sondern auch die Kunstinteressierten wollen wissen, wer „hinter den Werken steht“. 

Gab es einen Anlass bzw. Anlässe für Deine Geschichten oder woher nimmst Du den Stoff ?

 

Einen besonderen Anlass gab es nicht. Es war nur der Drang, eine fesselnde Geschichte zu erzählen, die durch ihre Charaktere lebt und mit deren Erlebnisse ich das Kopfkino meiner Leser in Technicolor und Sorround-Sound zum Laufen bringe.

Meine aktuelle Romanreihe „Die Eiswolf-Saga“ entsprang aus dem Gedanken heraus, die Geschichte eines Jungen bis ins Mannesalter niederzuschreiben, die sich nicht gerade wie eine schlechte Kopie der Harry-Potter-Reihe lesen sollte. Daher verwarf ich auch meinen ursprünglichen Gedanken, diesen Plot als Fantasy-Epos anzulegen, schnell wieder. Statt dessen suchte ich nach einem anderen Setting, in dem sich meine Charaktere wohl fühlen würden und fand es im Mittelalter. Und so entwickelte sich der Plot um Faolán und Svea in recht kurzer Zeit, die im ausgehenden 10. Jhdt. um ihr Recht streiten müssen.
Den Stoff für meine Geschichten liefert mir die Geschichte selbst, als der geschichtliche Ablauf, der belegt ist. Es gibt viele Aspekte, die man daraus aufgreifen und in einem Roman umsetzen kann. Nicht umsonst heißt es ja, dass das Leben die besten Geschichten schreibt.

 

Wie lange schreibst Du an einem Buch?

 

Das erste Buch hat, wie bei den meisten Autoren wahrscheinlich, am längsten gedauert. Das Manuskript musste ich mehrfach überarbeiten, teilweise ganz umstrukturieren, ehe ich meinen Stil und im Anschluss einen Verlag gefunden hatte. Dies benötigte einige Jahre. Da nun aber beides vorhanden ist, kann ich die Folgebücher etwas schneller verfassen, sofern es mein Brotberuf erlaubt. Aber ein gutes Jahr vergeht mindestens, ehe ich an eine weitere Druckfreigabe denken kann.

 

Welches Deiner Werke ist Dein Lieblingsbuch ?

 

Es ist auf jeden Fall der zweite Band der „Eiswolf-Saga“ mit dem Titel „Irrwege“. Aber das kann sich mit dem dritten Band wieder ändern. Doch im zweiten Band erkenne ich meine eigenen Entwicklung als Schriftsteller.

 

Wie Wie bist Du überhaupt zur Schriftstellerei gekommen ? Ist es erbliche Veranlagung, war es ein bestimmtes Ereignis ?

 

Anlass zum Schreiben gab es aus einer Situation heraus, in der meine Frau eine flachsige Bemerkung machte, ich solle ihr die Geschichten, die ich manchmal im Scherz erzählte, in einem Buch für sie zusammenfassen. Das brachte mich ins Grübeln und ich dachte tatsächlich über eine Geschichte nach, die nicht nur für den engsten Kreis der Familie bestimmt sein sollte. Das Manuskript, das damals entstand, ist allerdings nie veröffentlicht worden und ist nach wie vor nur dem engsten Kreis vorbehalten.
Ich hatte nie die Bedürfnisse, als junger Mensch zu schreiben, wie es viele meiner Kollegen und Kolleginnen erfahren haben. Bücher hingegen habe ich schon früh geliebt und mich in Buchhandlungen äußerst wohl gefühlt … vielleicht hätte ich Bibliothekar werden sollen …

 

Kunst ist zwar nicht koku, aber koku steht auch für Kunst. Wie bist Du zu koku gekommen ?

 

Es war ein Hinweis meines Verlags. Und da meine väterlichen Wurzeln aus der Wormser Gegend stammen, griff ich sogleich nach dem Telefon.

 

 

 

Hast Du bestimmte Vorbilder in der älteren oder neueren Literatur ?

 

Es gibt ein Erzähler, den ich bewundere: J. R. R. Tolkien. Wie die meisten seiner Fans habe auch ich „Der Herr der Ringe“ schon mehrfach gelesen. Dieses Werk hat mein eigenes Kopfkino revolutioniert, mich die gelesene Geschichte zum ersten Mal richtig visualisieren lassen – und zwar schon damals in 3D.
Aber es gibt noch ein paar weitere Autoren, die ich immer wieder gerne lese. Zum einen wäre das Isaac Asimov, dessen Foundation-Reihe ich nahezu verschlungen habe. Und da wäre noch George R. R. Martin, dessen aktuelle Fantasyreihe mich fesselt. Vielleicht sind das nicht die größten Literaten, doch für mich sind es Vorbilder, die es verstehen, Geschichten zu erzählen und mich zu unterhalten. Aber auch Kafka zählt zu meinen Lieblingsautoren, ebenso wie Terry Pratchett. Eine bunte Mischung eben.

 

Fließt davon etwas bei Dir in Schreibstil oder auch in den Inhalt Deiner Werke ein und kannst Du dies eventuell an einem Beispiel verdeutlichen ?

 

Nein, ich versuche meinen eigenen Stil aufrecht zu halten und mich auch inhaltlich nicht an anderen Werken zu orientieren. Dass dies manchmal dennoch unbewusst geschieht, lässt sich vielleicht nicht vermeiden. Nicht jede Geschichte kann man neu erfinden und Motive kehren in Romanen immer wieder.

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Wo entstehen Deine Werke ?

 

Zunächst in meinem Kopf. Wenn sie dort gereift sind und zu Papier gebracht werden wollen, dann meist in meinem Arbeitszimmer am PC. Manchmal auch am Laptop irgendwo auf dem Balkon oder auf dem Rasen. Aber am besten kann ich mich noch in meinem Arbeitszimmer konzentrieren. Dort befindet sich auch meine Fachliteratur für die notwendige Recherche.

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Gibt es bestimmte Themenbereiche, zu denen Du Dich besonders hingezogen fühlst ?

 

Es ist im Augenblick eindeutig der historische Roman. Aber ich habe noch andere Buchideen im Hinterkopf, die im Fantsy-Genre oder als Realsatire angesiedelt sind. Ich kann mich also nicht wirklich festlegen.

  

Beeinflusst Dich die Umwelt, politische oder soziale Themen bei der Schriftstellerei, oder versuchst Du mit der Schriftstellerei einen Freiraum der Entspannung , des Abschaltens zu schaffen ?

 

Beides. Zum einen versuche ich davon unbelastet zu schreiben. Es wäre vielleicht auch unpassend, sich durch eine aktuelle Stimmung zu einem Kapitel hinreisen zu lassen, das sich nach einem halben Jahr unmöglich lesen lässt, weil die Grundlage dafür nicht mehr existiert. Dann müsste es überarbeitet werden und diese Arbeit versuche ich mir zu ersparen. Andererseits sind mit ethische Aspekte wichtig und die finden in meinen Romanen hin und wieder ihre Wege.

 

Es heißt immer wieder, Künstler wären Chaoten. Gerne wird dabei auf die Bilder aus Ateliers verwiesen, wo scheinbar niemand mehr etwas finden kann. Nun gilt dies wohl vornehmlich für die malende Zunft; gleichwohl die Frage an Dich: Wie steht es bei Dir damit ? Liegt Konzeptpapier zerstreut herum usw.?

 

Ein Blick auf meinen Schreibtisch würde diese Frage beantworten. Doch da liegt mehr Kram für den täglichen Broterwerb herum als für die Schriftstellerei. Was die betrifft, bin ich noch ziemlich organisiert. Dokumente liegen in einer gut durchdachten Verzeichnisstruktur, Recherche- und Fachliteratur hat einen eigenen Regalboden und den Plot strukturiere ich immer vor. Das größte Chaos herrscht diesbezüglich in meinem Kopf, den dort ist der grobe Gesamtplot schon vorhanden. Ich müsste ihn nur noch niederschreiben – hätte ich die Zeit dazu.

 

Schreibst Du Deine Werke direkt am Computer, noch auf der guten alten Schreibmaschine oder - jedenfalls im Manuskript - auf Papier ?

 

Es gab eine Zeit, da saß ich täglich über zwei Stunden im Zug. Damals entstanden meine Manuskripte per Hand in Notizbücher. Diese Zeiten sind aber vorbei und so werden meine Ideen gleich am PC verfasst. Wobei es bei diesem Stand natürlich nie bleibt. Für mich ist aber die handschriftliche Methode nach wie vor eine sehr reizvolle, denn die Kreativität, die vom Kopf über die Hand mit dem Stift auf das Papier fließt ist in meinen Augen etwas anderes als über die Tastatur zustande gebrachte Zeilen. Beides hat seine Vor- und Nachteile.

 

Entwickeln sich Deine Geschichten während Du schreibst oder hast Du von Anbeginn an ein klares Konzept (gar eventuell eine Gliederung) ?

 

Meine Geschichten haben ein grobes Grundgerüst. Ich weiß, wie die Geschichte beginnt, welche wichtigen Zwischenstationen sie passieren muss und wie sie endet. Wie meine Charaktere dort aber hingelangen, das überlasse ich weitestgehend ihnen selbst, denn sie gestalten den Plots mit. Eine interessante Erfahrung, die ich früh gemacht habe.

  

Notierst Du Dir Gedanken zur Geschichte, die Dir eventuell beim Schreiben einfallen aber thematisch noch nicht passend sind, auf einem Papier um sie später zu erinnern ?

 

Ja … aber auf digitalem Papier. Ohne diese Notizen würde ich langsam den Überblick verlieren.

 

Was machst Du beruflich ?

 

Meine Familie ernähre ich hauptsächlich als Freier Architekt.

 

Ist die Schriftstellerei für Dich neben der beruflichen Tätigkeit Entspannung oder quasi ein zweiter Beruf ?

 

Es ist ein zweiter Beruf. Es macht zwar Spaß, doch ich betreibe die Schriftstellerei nicht nur als Hobby. Dafür steckt zu viel Aufwand, Energie und Leidenschaft drin. Es ist viel mehr als ein Hobby und deshalb habe ich es zum Beruf gemacht. Aber eigentlich ist es auch viel mehr als ein Beruf – es ist Berufung.

 

Hast Du noch Zeit zu lesen (oder auch Lust Literatur Dritter zu lesen) oder Musik zu hören ?

 

Lesen ist für mich wichtig. Es gab eine Zeit, da wollte ich mich von jeglichem literarischen Einfluss abschotten, um meinen eigenen Schreibstil zu finden. Aus diesem Grund las ich nicht mehr, um nicht Gefahr zu laufen, die „Schreibe“ meiner Kollegen anzunehmen. Das war ein Irrtum, den ich eines Tages wieder korrigierte und wieder zu lesen begann. Heute weiß ich, dass mein eigener Stil sich nicht durch die Worte anderer beeinflussen, sondern höchstens erweitern und bereichern lässt.

Musik höre ich täglich, meist nebenbei während der Arbeit. Während des Schreibens höre ich oft stimmungsbetonte Musik, die je nach Kapitel gewählt wird. Bewusst Musik hören kann ich aber nur noch selten – entweder fehlt die Zeit oder die Kinder schwirren um mich herum.

 

 Und wessen oder welche Musik hörst Du am liebsten ?

 

Es gibt ein paar Musiker, die einen besonderen Stellenwert einnehmen. Dazu gehören David Bowie, Prince, Björk und Jimi Hendrix, um nur einige zu nenne. Meine musikalische Bandbreite reicht aber weiter, und beinhaltet sowohl Rock wie auch Klassik. Seit einigen Jahren dürfen da auch die Kinderlieder nicht fehlen …

 

Hast Du einen Liebingsmaler, gegebenenfalls welchen ?

 

Nein. Auch hier kann ich mich nicht festlegen. Ob Kirchner oder Dali – es gibt in ihrem Werken für sich so viele gute Künstler, dass ich mich nicht auf einen festlegen möchte. Privat habe ich einige Kunstobjekte von weitestgehend unbekannten Künstlern aus der Region. Sie zu unterstützen sehe ich als ebenso notwendig an wie „kleine“ Autoren und Verlage.

 

Bei koku2012 wird es auch Musik und Lesungen geben. Wirst Du selbst anwesend sein und ausstellen bzw. „lesen“ ?

 

 

Ich hoffe, dass ich eine Lesung halten kann.

 

 Was hältst Du von der Idee, ein Künstlerfestival über eine ganze Region zu veranstalten und - wenn Du teilnimmst - was erwartest Du davon und dort ?

 

Ich halte das für eine sehr gute Idee, denn sie hat Vorteile für Besucher wie auch Künstler, fernab der großen Metropolen.

 

Was erhoffst Du Dir von der Zukunft und welche Pläne hast Du selbst geschmiedet ?

 

Meine literarischen Pläne sind weitreichend. Meine „Eiswolf-Saga“ ist im Augenblick auf sechs Bände ausgelegt. Und danach köchelt schon die eine oder andere Idee vor sich hin, die dann auch bald zu Papier gebracht werden will. Insofern habe ich noch einiges vor. Privat … wünsche ich mir etwas mehr Zeit. Aber wer tut das nicht …?

  

Worauf kommt es Dir im Leben an ?

 

Auf die Liebe. Und zwar in allem, was ich tue und mit wem ich lebe. Wenn ich es nicht mit Liebe und Hingabe mache, leidet es. Nicht unbedingt an der Qualität, doch zumindest am Herzblut, das man in jedem Werk sehen, lesen, spüren kann – oder eben nicht.

  

Kann sich ein Leser oder auch potentieller Leser an Dich wenden ?

 

Natürlich. Ich bin in einigen sozialen Netzwerken vertreten, über die ich einiges Feedback erhalte, aber gern auch Fragen beantworte oder mit potenziellen Lesern in Kontakt trete. Dabei kommt es mir aber nicht darauf an, dass ich mehr Leser finde, sonder interessante Menschen kennen zu lernen. Und hin und wieder gelingt es mir sogar. Wenn ich Glück habe, sind es dann auch noch begeisterte Leser.

 

Signierst Du auf Wunsch auch Deine Bücher ?

 

Aber sicher. Ich habe einigen Lesern auch schon signierte Exemplare zugeschickt oder nach einer Lesung signiert. Das ist sogar eine Ehre für mich als Autor und mache es gern, am liebsten mit ein paar persönlichen Worten, sofern ich den Leser kenne.

  

Ich denke, der Leser hat nun einen Eindruck von Dir gewonnen und kann Deine Werke auch besser verstehen und hat insbesondere Gefallen an ihnen gefunden. Vielleicht hast Du aber noch etwas für den Leser mitzuteilen ?

 

Das beste Bild von mir kann sich ein Leser sicher nur dann machen, wenn er etwas von mir liest. Ob das Werk seinen Geschmack treffen wird, weiß ich nicht.

 

Ich darf mich bei Dir für das Interview bedanken und wünsche Dir weiter viel Freude und Erfolg bei der Schriftstellerei.

 

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